Vom coolen Salon bis zur cosy Trattoria: Lange bevor das erste Haar geschnitten oder der erste Pasta-Teller serviert wird, entscheidet ein Wort über Anziehung oder Ablehnung. Wenn der Name an der Tür nur noch ein “Autsch!” hervorruft, und wie nachhaltigere Markennamen aussehen können – darum geht es in diesem Beitrag.
Friseur – persönlich zugeschnitten
Kürzlich fiel mir das untenstehende Foto von mir in die Hände – und zack, da war sie wieder: die anhaltende Faszination und Herausforderung der Friseurnamen. Das nehmen wir doch gleich mal zum Anlass, genauer ins Branding dieser Branche zu blicken.
Vor rund 20 Jahren entdeckte ich bei einem Berlin-Besuch (war es Charlottenburg?) den Friseursalon SusanneW und ließ mich natürlich gleich davor ablichten. Wären meine Haare nicht schon kurz genug gewesen – der Name des Salons, mein Name an der Fassade, hätte sofort mein vollstes Vertrauen für einen neuen Schnitt genossen! Auch die Schreibschrift — ganz und gar meins! Marketingmäßig ein Volltreffer also. Aber, schon klar, es kann nicht 30 Millionen individuelle Markennamen für Damencoiffeure geben.

Gewachsene Strukturen: Café Susi
Ganz anders die Wirkung eines Lokals in Tirol, das ich vor vielen Jahren einmal fotografierte, weil es Café Susi hieß. Mein Spitzname als Kind. Ein Name aus der Zeit gefallen wie das Interieur und die Terrasse, und so ist es wohl irgendwann eingedampft worden. Ich hatte seinerzeit reingeschaut und fand schon damals keine Wohlfühlatmosphäre vor, auch als Susi nicht.
Trotzdem kann natürlich auch eine Kneipe mit Namen “Uwes Eck” (oder, wenn auch widerwillig, mit dem falschen Apostroph: Uwe’s Eck) erfolgreich sein. Was klingt, wie der Prototyp einer verrauchten Kneipe aus den 80ern, mit einem netten Wirt, stets kaltem Bier und einer immer guten Stimmung, kann genau deshalb erfolgreich sein. Und der Name der Kneipe ist plötzlich zweitrangig. Zumindest, bis all die Boomer nicht mehr in die Kneipe kommen (können)…
Ein neuer Beitrag zum Thema Branding in der Gastronomie folgt demnächst. Jetzt erst einmal:
Die Best of der Friseurnamen
In der Auflistung und Menge wird es offenbar: Die Rechnung mit den Wortwitzen geht in den meisten Fällen nicht mehr so ganz auf.
Haarig kombiniert
Haarmonie – Der Klassiker unter den Wohlfühlnamen.
Haargenau – Für präzise Schnitte und doppeldeutige Perfektion.
Haartbreaker – Für alle, die mit Frisur Herzen brechen.
Haart Times – Wenn’s mal mutig und urban klingen soll.
Haardrock – Für rockige Styles mit Standfestigkeit.
Willkommen im Alltag
Kamm in – Legendär und in fast jeder Stadt.
Schnittstelle – Techy und clean. Auch in Hipster-Vierteln beliebt.
Schnittpunkt – Minimalistisch. Könnte auch ein Coworking-Space sein.
Hairlich willkommen – Wenn selbst der Empfang lächelt.
Haareszeiten – Für jede Saison die passende Frisur.
Kult trifft Friseur/in
Pony & Clyde – Unvergessen. Bonnie wär neidisch.
Hairy Potter – Für zauberhafte Looks.
James Blond – Lizenz zum Stylen.
Hair Force One – Der Präsident unter den Salons.
Glamour & Charisma
Cut it out – Frech, englisch, prägnant.
Charme & Schere – Für die elegante Friseurin von Welt.
Haarleluja – Wenn der Schnitt himmlisch wird.
Chaarisma — Für Haare mit Ausstrahlung.
Und natürlich Haireinspaziert, Crehaartiv, Haarakiri, Mata Haari, Kopfarbeit…, die Liste kreativer Wortschöpfungen ist grenzenlos.
Warum sind Wortspiele so beliebt?
Die Motivation ist nachvollziehbar:
Das wirkt zunächst einmal clever und besonders, wenngleich die breitere Marketingwirkung dabei nicht mitbedacht wird.
Denn leider ist es ja so: Je mehr Friseure denselben sprachlichen Trick anwenden, desto beliebiger wird die Marke.
Was beim ersten Mal originell wirkt, ist beim zehnten Mal nur noch Fassade. Und das Naming bleibt auf Gag-Niveau. Davon zeugen auch zahlreiche Instragram-Accounts, die Fotos von kuriosen Ladenschildern posten und die Namen unter spezifischen Hashtags wie #failnaming, #wortspielhölle, #friseurfails, #lustigefriseurnamen sammeln.
Jenseits des Kalauers – Namen, die haften bleiben
Will man in die “Wortspielhölle”? Nein. Ein guter Name darf gerne Wirkung zeigen. Muss aber nicht unbedingt witzig sein. Gerade bei Friseursalons, oft persönlich und handwerklich geprägt, kann ein Name mit Charakter und Ruhe deutlich mehr Ausstrahlung entwickeln. Er suggeriert Professionalität und Wertigkeit, wo ein Sprachspiel nur einen schnellen Lacher erntet.
Orientieren sich Kundinnen – und tatsächlich spreche ich hier nur aus der weiblichen Warte – nicht ohnehin an ganz anderen Kriterien als einer (gelungenen) Pointe im Markennamen? Vertrauen, Sympathie und Nähe, auch räumlich. Eine persönliche Empfehlung. Die Friseurin meines Vertrauens heißt übrigens Sabine. Mehr muss ich nicht wissen.
Nr. 14, bitte!
Kein Wortspiel, einfach nur eine Adresse. Ich geh in Nr. 14. Ein Mal waschen, schneiden, föhnen bitte. Oder man entscheidet sich für Nelly, eins meiner Projekte, mit ihren Spezialkenntnissen für Zweithaar. Der “Hofschnitt” hat noch den Schnitt dabei, übermittelt aber ganz sachlich, wo der Schnitt erfolgt, nämlich in einem (Hinter-)hof. Oder anders gesagt: Wo die “Schnittstelle“ um die Ecke denkt, steht der „Hofschnitt“ da, wo er ist. Eine klare Verortung, die man sich merkt.

Zwischen Tradition & Trend
Es gilt, das Qualitätsversprechen, wofür einst — und hier und da immer noch — der Salon Coiffeur Müller steht, von seinem etwas antiquiertem Image zu befreien und in die viel buntere, mutigere Gegenwart zu transportieren. Ohne dabei das Risiko des Kalauers einzugehen. Kurzum, einen zeitgemäßen, einladenden und vor allem unverwechselbaren Markennamen zu finden.
Dabei hilft das berühmte Out-of-the-Box-Denken. Warum nicht die Hausnummer zum Markennamen machen? Den Namenszug oder Initialen veredeln und somit auf die Persönlichkeit setzen? Eine lokale Verbindung mit dem “Hofschnitt” schaffen? Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt – und in einem ersten Brainstorming mit Kundin oder Kunden ergibt sich immer eine üppige Liste aus ausbaufähigen Namen.
Checkliste für Markennamen
Neben der Botschaft, die ein Brand-Name transportieren soll, ist auch ein bewußter Umgang mit Klang, Rhythmus und Optik des Namens bzw. der Buchstaben wichtig, um Anziehungskraft zu entfalten. Mehr dazu in meinem Beitrag Ouagadougou. Ein wirklich starker Name ist mehr als die Summe seiner Teile: Erst im Zusammenspiel folgender Kriterien entfaltet er seine volle Wirksamkeit:
Eigenständigkeit: Nicht austauschbar oder generisch.
Assoziation: Klang, Stimmung, Bedeutung.
Charakter & Klarheit: Ausdruckstärke und Substanz vermitteln.
Zukunftsfähigkeit: Domainfähig, SEO-tauglich & eventuell auch für ein internationales Publikum tauglich.
Filtertest: Passt der Name zur Zielgruppe, zum Image, zum Werteversprechen?
Marke denken: Ist er in Logo, Corporate Design, Webauftritt, Social Media und Werbematerial umsetzbar?
Sie wollen mehr als ein Wortspiel?
Ich unterstütze Sie bei der Entwicklung deines Markenauftritts – von Naming und Claim bis Logo, Website, Text und Design.