LG Liebe Grüße Abkürzung

LG – Let it Go

Ein Geburtstagsgruß im Messenger, nach langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen zu diesem persönlichen Anlass – kennt man, oder? Jemand denkt an dich und knüpft mit ausgewählten netten Worten an an das, was zuletzt war. Man liest, freut sich, fühlt sich wertgeschätzt – und dann kommt zum Abschluss die kalte Dusche in Form von zwei Buchstaben:

LG.

Dank Autofill genügen ja an sich drei Tastendrücke – und schon steht Liebe Grüße ausgeschrieben im Textfeld. Aber kaum jemand nutzt es für diese Botschaft. Die Frage ist also:

Wer kam bloß auf die Idee, dass man mit “Liebe Grüße” genauso verfahren könnte wie mit der Verabschiedung “Mit freundlichen Grüßen unter der Geschäftsmail, deren abgekürzte Version MFG der Inbegriff von Formalität und kühlem Effizienzgedanken ist?

LG – für mich klingt das nicht zugeneigt, gar liebevoll, sondern schlichtweg nach Büro, wenn nicht nach Elektronikriese. Und wünsche mir dann schon fast den überschwänglichen Buchstabenhaufen HDGDL der 2000er zurück, den sogar ich seinerzeit einsetzte, allerdings nur im Chat mit meiner Tochter <3 :***…

LGLiebe eingedampft

Ich verstehe schon, so schroff, wie das LG wirken kann, will man nicht wirklich sein. Schließlich benutzen es ja gefühlt alle, und so mag es sein, dass man diese sprachliche Gepflogenheit bedenkenlos übernimmt. Aber es wirkt eben wie ein Versuch, Freundlichkeit zu zeigen, ohne Energie zu verschwenden. Man erfüllt die soziale Pflicht des Grüßens mit minimalem Aufwand und hält gleichzeitig eine gewisse Distanz aufrecht.

Ein ausgeschriebenes „Liebe Grüße“ transportiert hingegen etwas Warmes und Freundliches. L i e b e - das sind fünf Buchstaben, die ins Herz gehen, das ist ihr Effekt, schon immer. Und wenn man sie auf einen Buchstaben eindampft, was bleibt dann von der Liebe? Eben, nur ein –kümmerliches – Fünftel.

Der Messenger ersetzt in unserem Alltag (mehr oder weniger) effizient das Gespräch und ist auch der bevorzugte Kanal für sehr persönliche Botschaften geworden. Das ist nun einmal die Folge der Digitalisierung, wenngleich ich hier keinesfalls kulturpessimistisch erscheinen möchte. (Mehr Gedanken zu Nähe und Distanz in der digitalen Welt teile ich übrigens im Beitrag #GerneperDu.)

Mehr als Zeichen

Im täglichen Chat, okay, geschenkt. LG, VG, egal, denn die emotionale Nähe ist bereits durch die Frequenz des Kontakts gesichert.Tatsächlich aber benutze ich selbst auch in diesem Kontext diese Abkürzung nie. Und plädiere hiermit dafür, mit 2 Sekunden mehr Aufwand die ausgeschriebenen lieben Grüße aus der analogen Zeit in die Gegenwart zu retten!

Denn Worte sind ja nicht nur Zeichen. Sie bauen Brücken zwischen Menschen und transportieren emotionale Vibes. Daher:

LG – Let it Go!

Keiner wird’s vermissen.

PS: Und hier noch der gewohnte Blick über die Grenzen:
Wundert es uns eigentlich, dass die “amtliche Note” eines LG eine deutsche Spezialität ist? Es ist eine klassische Initialabkürzung, entstanden aus dem Bedürfnis nach Schreibökonomie. Im Englischen sind Abkürzungen in Alltagsdialogen eher phonetisch inspiriert, zum Beispiel mit Thx (thanks) oder CU (see you). In Frankreich existiert mit Cdt für Cordialement ein ähnlich knappes Pendant, eine nicht so häufig benutzte Wortkürzung, und “bis später” wird zu A+. Die Italiener möchten bei den Grüßen auf nichts verzichten und schreiben ihre Saluti, ob cari oder cordiali, immer aus. Aber das scheint mir schon alles einen extra Blogbeitrag wert zu sein, oder? RSVP.

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