Es soll hier einmal nicht Markenbildung, sondern um Bildung gehen. Genauer gesagt, um den Bildungsauftrag des ÖRR bei deutschen Filmproduktionen im Ausland. Hier ist mir schon oft aufgefallen, dass bei Namensgebung, Rollenbesetzung, Schauplätzen und kulturellen Bezügen Authentizität keine besonders große Rolle spielt. Ist doch egal (lesen Sie hierzu auch "Nicht egal"), ist doch Fiktion, mag hier manch einer sagen. Aber ich finde, es ist einfach eine vertane Chance. Wo man mit wenig Aufwand echte kulturelle Einblicke vermitteln könnte, werden stattdessen nur Klischees bedient.
Ich vermute, mit den vermehrt im Ausland spielenden Filmproduktionen der öffentlich-rechtlichen Sender soll Weltläufigkeit vermittelt werden, die im Detail ihrem Anspruch jedoch häufig nicht gerecht wird. Das kann ein unrealistischer Umgang mit der Ortssprache (bloß keine/nicht zu viele Untertitel, sondern lieber beim Deutschen bleiben), eine nachlässige geografische Sorgfalt (in zwei Stunden von Lubumbashi nach Kapstadt) oder eine ignorante Rollenbesetzung (ein frankophoner Senegalese spielt einen englischsprachigen Nigerianer) sein. Und im Vordergrund oftmals eine vor nationalen oder regionalen Klischees strotzende Story. Das betrifft fast durchweg alle Filme, die vor "afrikanischer" Kulisse spielen, aber auch europäische Länder sind davor nicht gefeit:
La Grande-Motte
Bei einem kürzlich im Ersten ausgestrahlten Fernsehfilm, der in Italien mit einer deutschen Diplomatin in Rom in der Hauptrolle* spielte, stolperte ich über zwei "Kleinigkeiten" in der Namensgebung, genauer gesagt, ein 'c' und ein 'e'.
In ihrer Rolle muss sich die Schauspielerin in der italienischen Hauptstadt mit den — wer hätte das geahnt — Verstrickungen aus Politik, Kirche und Mafia herumschlagen. Dabei trifft sie auf die von einer deutschen Kollegin gespielte römische Chefermittlerin namens: Ricarda Motte.
Hm. Wer kennt sie nicht, die vielen italienischen Familien mit dem Namen Motte! Nein, in der Tat sind sie in Italien nur 3 mal zu finden, mit 27.666 ist hingegen der Familienname Motta auf der Halbinsel sehr häufig anzutreffen (siehe Namensportal). Vielleicht sollte es ein französisch konnotierter Name sein? Motte, ein topographischer Name aus dem Altfranzösischen, ist in Frankreich als Nachname über 34.000 Mal zu finden (und sogar im Ortsnamen, siehe Überschrift). Oder hat sich hier einfach jemand im Drehbuch vertippt? Von allem mal abgesehen: Die Motte weckt im Deutschen auch einfach keine schönen Assoziationen!
Irgendwie authentisch
Die Frage stellte sich mir auch beim Vornamen Ricarda. Wurde das zweite 'c' vergessen? Denn Riccarda ist die übliche italienische Schreibweise, Ricarda die eingedeutschte Version. Wollte man dem deutschen Publikum ein zweites 'c' nicht zumuten?
Jenseits aller Spekulationen finde ich, dass ein bißchen mehr Sorgfalt in der Onomastik ein guter und einfach umzusetzender Anfang für mehr echte Weltgewandtheit wäre.
Bis dahin gilt offenbar: Hauptsache, es klingt irgendwie authentisch oder, wie schon Goethes Faust sagte: "Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch"!
Wer sich für die Wirkung von Namen interessiert, dem sei auch mein Beitrag Ougadougou empfohlen.
*Nachtrag: In der Reihe 'Die Diplomatin" gibt es im diesem August 2025 einen weiteren Film aus Rom mit "Ricarda Motte".


