Neulich, Freitagabend auf dem Sofa: entspanntes Easy Watching einer Tanzshow im Privatfernsehen, als plötzlich der Begriff "vertanzen" mein Ohr erreichte, den eine der Profitänzerinnen in einem Gespräch verwendete. Ich stolperte deshalb darüber, weil sie nicht etwa darüber sprach, dass sie oder ihr Eleve sich vertanzt, also einen Fehler bei der Ausführung der Schritte oder Bewegungen gemacht hätte. Sondern mit Vertanzen meinte sie den kreativen Prozess, bei der eine Idee oder ein Gefühl in eine choreografierte Sequenz verwandelt wird.
Ich zweifelte, ob diese Bedeutung dieser Präfixbildung zulässig war, zu uneindeutig und so gar nicht kreativ hörte es sich für mich in dem Kontext an. Doch Google belehrte mich eines Besseren: "Vertanzen" gibt es auch in diesem Sinne. Halten wir also die vielfachen Bedeutungen dieses Verbs fest:
- Im tänzerischen Sinne: Eine Idee oder ein Gefühl durch Bewegungen/eine Choreographie zum Ausdruck bringen.
- Im konkreten Sinne: Einen Fehler beim Tanzen machen oder Schwierigkeiten beim Ausführen einer Tanzbewegung haben.
- Im übertragenen Sinne: Ausdruck dafür, dass jemand eine Gelegenheit oder eine bestimmte Zeitperiode mit Tanz und Freude gefüllt hat. In der Schweiz im Emmental gibt es gar ein Festival mit dem Namen "Vertanzt", das sich dies zum Ziel gesetzt hat!
Am schönsten fand ich aber das Missverständnis, das sich ergab, als ich davon einer Mittänzerin in einem Tanzkurs, den ich selber belege, erzählte: Sie hatte "vertanzen" als "fair tanzen" verstanden, was ja durchaus auch zu einem Tanzwettbewerb passt!
Nachtrag
Das Präfix "ver" für neue Wortschöpfungen scheint en vogue zu sein: Der Mai 2024 überraschte mich mit der "Verquallung" der Meere und dem Verb "verargumentieren" in einem ZEIT-Podcast. Dass man sich da bloß nicht vertut!